Hiermit gestehe ich meine Kapitulation ein. „Du bist ja nicht bei facebook!“ Dass ich diesem Verein nun doch beitrete, hat nichts damit zu tun, dass ich diesen Vorwurf nicht mehr hören kann. Nein, liebe echte Freunde, ich möchte Euren digitalen Lebenszeichen nicht mehr Aufmerksamkeit widmen und Euch weiterhin lieber sprechen und sehen, am liebsten live und in Farbe.
Der Grund liegt vielmehr darin, dass ich mich nicht mehr des Eindrucks erwehren kann, publizistisch nicht existent zu sein, wenn ich nicht auf facebook mitspiele. Ich bekenne: Auch mir geht es um Aufmerksamkeit. Ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen meine bytheway-Kolumne auf www.berttewildt.com lesen würden. Dieser Text hier ist eine davon.

Wenngleich ich die Idee der sozialen Netzwerke im Prinzip großartig finde, bleiben meine grundsätzlichen Vorbehalte bestehen. Gute Gründe, sich von facebook fernzuhalten gibt es nach wie vor viele:

 

Erstens kümmert sich facebook nicht genug um die Spielregeln, die eine demokratische Meinungsfreiheit bedingen. Das Netzwerk übernimmt zu wenig Verantwortung, sei es für die darin verbreitete Hetze radikaler Mobs oder im Hinblick auf das Nachgeben gegenüber Geheimdiensten und Diktaturen.

 

Dies liegt daran, dass dieses Netzwerk zweitens zu allererst wirtschaftlichen Interessen dient, während es vorgibt, es ginge ihm in erster Linie um Völkerverständigung, Demokratie und Aufklärung. Indem wir uns ihm mit unseren Daten feilbieten, zahlen wir einen Preis, dessen Höhe wir noch gar nicht abschätzen können. Im Wettstreit mit Google gipfelt der Monopolismus von facebook derzeit in dem Versuch, zum Netz schlechthin zu werden, ein letztlich imperialistischer Gestus, in letzter Konsequenz ein Wettlauf um die Weltherrschaft.

 

Im Zuge dieser Entwicklung macht uns facebook drittens mit der Währung Aufmerksamkeit und unter Arrosion des Freundschaftsbegriffs zu seinen Komplizen. Für das Versprechen, dass sich immer ein paar vermeintliche Freunde finden, die unseren digitalen Entäußerungen viele Momente lang zuhören und zuschauen, bezahlen wir mit unser Lebenszeit in unmittelbarer Begegnung und Gemeinschaft. Am Ende sind alle nur noch auf Sendung, keiner mehr im Dialog.

 

Inkonsequenterweise gehe ich hier nun auch auf Sendung. Es geht dabei nicht um eine persönliche Selbstvermarktung, zugegebenermaßen aber um ein Marketing-Instrument. Nicht mehr und nicht weniger soll das hier für mich sein. Das gehört zu meiner Arbeit, die unter anderem eben auch darin besteht, sich kritisch mit dem Internet und seinen Derivaten ins Benehmen zu setzen. Dass ich auf facebook gegen facebook anschreiben kann, spricht allerdings für facebook.

 

Man möge es mir nachsehen, dass ich facebook nun trotz allem für mindestens ein Jahr lang ausprobieren werde. Als jemand, der eben auch ‚was mit Medien macht, habe ich auch noch für die schlimmsten medialen Auswüchse die Ausrede, dass ich doch kennen muss, worüber ich schreibe.

 

Nur es denke bitte niemand, dass es auf meiner facebook-Seite irgendetwas mit demjenigen zu tun hat, was mir wirklich hoch und heilig ist: Freundschaft. – Meine echten Freunde, Ihr wisst, wie und wo Ihr mich ansprechen, finden und treffen könnt. Im Zweifelsfall auch bei www.ello.co, das Netzwerk, dem ich persönlich vertraue.

 

Hier bei Ihnen auf facebook bleibe ich mit Verlaub bis auf weiteres beim „Sie“.

 

Bert te Wildt©