Dass wir unsere müden und schlaffen Körper in Maschinen hineinzwängen, um fester und stärker zu werden, daran haben wir uns schon gewöhnt. Mir kommen Fitnessstudios immer noch irgendwie falsch vor, seltsam und etwas lächerlich, aber vor allem unmenschlich oder gar menschenunwürdig. Die Bewegungsspielräume werden von den Geräten vorgegeben, weshalb wir unphysiologischerweise auch nur isolierte Muskelpartien trainieren. Wir brauchen uns nur noch anstrengen, unseren Willen bemühen, aber nicht mehr wirklich unsere Bewegungen steuern und gestalten. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Tanzen; wie gerne würde ich anstelle dessen Tanzen. Aber nicht erst seit gestern werden die Dinge(r) immer digitaler. Kaum ein Gerät kommt mehr ohne Programm und Bildschirm aus. Ich trainiere gerade an einem digitalen Zirkeltraining, bei dem meine Daten, zum Beispiel meine Gewichtsklassen vorgegeben sind. Auf ein Signal hin, fange ich an zu Rudern, zu Stemmen, beziehungsweise tue ich das, was von diesen Sportarten übrig geblieben ist. Meine Bewegung, die immer nur in eine Richtung vor und zurück geht, wird dabei übersetzt in eine pacman-artige Simulation, bei der ich mit Hilfe von möglichst genauen Bewegungsabläufen möglichst viele Punkte aufsammele. Gamification goes Sport. Weiter entfernt könnte ich mich nicht vom Mannschaftssport und -spiel bewegen. Meine Bewegungen sind also noch mehr vorgegeben als bei herkömmlichen Fitnessgeräten. Ich muss noch weniger nachdenken, einfach nur Kraft meines Willens meine Energie zur Verfügung stellen. Dafür bekomme ich am Ende jeder Trainingseinheit statistische Daten über meine Performance rückgemeldet und werde bestenfalls gelobt. Vielleicht nutzt das System ja etwas von meiner Energie, wie im Film „Die Matrix“, in der die Menschen energetisch gemolken werden, während man sie in einer simulierten Welt bei Laune hält. Ohne mich mit Knöpfen im Ohr musikalisch abzulenken, ist dieses Training für mich auch nicht auszuhalten. Manchmal dissoziiere ich dabei, kopple meinen Körper ab. Seelenloser geht es kaum, wenn ich wie ein Zombie von Gerät zu Gerät wandere.
Jahr: 2024
Digitale Zivilcourage – Für eine bürgerliche Identität im Netz
Einen analogen Personalausweis mit mir herumzutragen, kommt mir schon lange anachronistisch vor. Auch einen Reisepasse brauche ich kaum, fliege und bewege mich selten außerhalb der EU. Werde so gut wie nie angehalten. Fände es irgendwie charmant, wenn mich mal ein*e Wachtmeister*in nach meinen Papieren fragen würde, aber das passiert nie. Würde mich gerne mal wieder auf diese Weise identifizieren, eben nicht nur als Konsument, sondern auch als Bürger. Letzteres findet im Netz so gut wie gar nicht statt. Wenn ein Kind sich einen Porno anschauen will, muss es in der Regel nur auf einen Bestätigungsbutton klicken, dass es volljährig ist. Umgekehrt kann sich ein Pädophiler in Computerspielen einfach als Kind ausgeben und Kindern nähern. Wie kann das sein? – Ohne groß zu recherchieren, wer das alles schon vor mir gedacht haben könnte, sei dies mal hier rausgehauen: Wir brauchen endlich eine bürgerliche Identität im Netz, mit der wir uns und einander eindeutig und sicher identifizieren können.
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