Unter einem Schwarm verstehen wir eine unübersehbar große Gruppe an Tieren, die sich wie von einer unsichtbaren Macht in der Masse intelligenter verhalten, als es ihr Einzeldasein erwarten ließe. Dabei geht es in der Regel um Geschöpfe, die im Wasser oder in der Luft leben und denen es dementsprechend an Bodenhaftung fehlt. Sonst wären sie Rudel. Kein Mensch spricht von Hordenintelligenz. Horden von Menschen empfinden wir eher als bedrohlich. Im schlimmsten Fall werden sie zu Mobs, womit wir schon beim Thema sind. Es wäre so einfach, wenn das Internet entweder nur digitale Mobbildung oder Schwarmintelligenz hervorbringen würde. Aber man kann ja nicht einmal davon ausgehen, dass sich nur dumme Menschen zu einem Mob zusammenrotten. Wir sind ja nicht einmal vor Vögeln und Fischen – siehe Hitchcock und Schätzing – sicher.
So müssen wir zu unserem Schutz leider stets damit rechnen, dass wir es wieder mit in einem intelligenten Nazi zu tun kriegen. Kurz und gut, die Anbetung der Schwarmbildung, wie wir sie in den Anfängen der digitalen Revolution betrieben haben, müsste uns längst suspekt sein. Gerade einmal wieder führt sie – und eben nicht nur montags auf der Straße sondern auch permanent im Netz – zu nicht unerheblichen Irritationen. Interessant wird es gerade da, wo sich ökonomische Interessen an demokratischen Prinzipien reiben. Wenn sich ein kommerzielles soziales Netzwerk als Medium versteht, in dem seine Nutzer Beiträge veröffentlichen, dann ist es keine Frage, dass es für deren Inhalte eine Mitverantwortung trägt und für die Verbreitung von Volksverhetzung belangt werden muss. Was ist aber, wenn ein monopolitisches Unternehmen wie Facebook ein, wenn nicht das Netz schlechthin zu sein versucht, wenn es quasi eine digitale Parallelwelt bildet, was bei einer Milliarde Nutzern nicht abwegig ist? Wäre es dann nicht ungefähr so, als würde man die Stadt Dresden oder gleich das ganze Bundesland Sachsen für die Auswüchse von PEGIDA haftbar machen? Sind Facebook und Google nicht längst ein virtueller Erdteil oder gar ein neues Element, in dem wir uns bewegen. Wollen wir das Wasser, in dem wir ins Schwimmen geraten oder die Luft, in der wir vergeblich mit den Flügeln zu schlagen versuchen, für unsere Missgeschicke verantwortlich machen?
Wir kommen nicht umhin, hinter dem ökonomischen Monopolismus und den Heilsversprechen der Internetkonzerne nicht nur intelligente Strategien zu wittern sondern auch eine ungeheure Macht, die letztlich auch faschistoid entgleisen kann. Wer sich ein fast uneingeschränktes Monopol über unserer Kommunikationsmedien erschließt, hat letztlich auch eine immense Macht über unser Denken. Diese globale Gleichschaltung erscheint mir als gefährlich. Angst machen mir schon diejenigen intelligenten Autisten, die mit ihren digitalen Produkten die Welt erobern. Dass sie behaupten, sie eigentlich nur verbessern zu wollen, haben sie mit machtbesessenen Terroristen und Diktatoren, Geheimdiensten und Geheimbünden gemein. Vor denen habe ich noch deutlich mehr Angst, nicht zuletzt, weil Monopole gekapert werden können. Insofern müsste die versammelte Intelligenz von Facebook und Co. ziemlich große Angst davor haben, von Faschisten vereinnahmt zu werden.
Allerdings gibt es weitaus wichtigeres als Intelligenz. Sie schützt uns nicht notwendigerweise vor der Dummheit der Horden, ob sie nun analog oder digital daherkommt. Uns bleibt, der Glaube und das Wissen, dass wir gemeinsam etwas ausrichten können, solange wir uns nicht allzu sehr gleichschalten und sicher dabei fühlen.
Bert te Wildt©