Früher habe ich mich oft über das österliche Fernsehprogramm gewundert. Viele Jahre lang schienen Horrorfilme das passende Programm für die Feiertage zu sein. Drei Monate nach Weihnachten erneut ein Familienfest ertragen zu müssen, kann einen schon aggressiv machen. Sich an Ostern über gewaltsame Todesarten Gedanken zu machen, ist inhaltlich nicht vollkommen unangemessen. In Vampir- und Zombiefilmen wird ja auch auf vielfältige Weise gestorben, um sich dann umso intensiver mit den Folgen von Wiederauferstehung und ewigem Leben auseinanderzusetzen. Und schließlich ist der Antichrist, der in allen seinen teuflischen Varianten gerne durch Film und Fernsehen geistert, besessen von seinem positiven Gegenpart. Zuletzt waren es allerdings eher Filmserien, wie Scream und Final Destination, die über Ostern gezeigt wurden. Meiner Erinnerung nach gipfelte das ganze damit, dass im Fernsehen sogar die Reihe Saw gezeigt wurde, in der es letztlich darum ging, Menschen dazu zu zwingen, sich variantenreich gegenseitig zu foltern und zu töten. Auf geradezu pornographische Art und Weise wird darin extreme Gewalt gezeigt, die die Grenzen des Erträglichen überschreitet, vom guten Geschmack einmal ganz abgesehen.

Eine andere Art von Folter-Porno, wenn auch ähnlich geschmacklos, ist das filmische Machwerk von Mel Gibson, das sich ein wenig mit dem Leben und sehr ausführlich mit dem Sterben Jesus Christus beschäftigt. Die explizite Darstellung der Kreuzigung in die Passion Christi hat auf etwas Obszönes, wobei man ihm zugute halten muss, dass die Obsession vieler Christen hinsichtlich der Anbetung eines gefolterten nackten Mannes von Außen betrachtet ohnehin ein wenig bizarr anmutet. Über das Werk des katholischen Fundamentalisten Gibson, der sich nicht nur im Film sondern gerne auch mal privat ganz offen mit antisemitischen und homophoben Äußerungen hervorgetan hat, kann ich mich immer wieder leidenschaftlich aufregen. Ebenso wenig kann ich meine Schadenfreude darüber verbergen, dass der Film trotz seines kommerziellen Erfolgs weder dem Regisseur noch dem Hauptdarsteller James Caviezel Glück gebracht hat. Wie beim Dreh des Exorzisten oder dem Öffnen von Pharaonengräbern scheint ein Fluch über dieser Arbeit gelegen zu haben. Da sich ein oder der Christ selbstverständlich nicht zu Racheakten hinreißen lassen würde, kann es nur der Antichrist selbst sein, der hier gezürnt hat. Vielleicht hat es ihm nicht gefallen, dass das Böse einmal mehr als fieser glatzköpfiger Transvestit dargestellt wird.

Als ich dieser Ostertage das Fernsehprogramm studierte, fand ich seltsamerweise kaum Horrorfilme und keinen Jesus-Film. Ich habe mich gefragt, woran das liegt. Warum wird der Kampf zwischen Christ und Antichrist nicht mehr im Fernsehen ausgetragen? Bezieht sich das Programm einfach gar nicht mehr auf das Religiöse im engeren Sinne? Oder schauen sowieso nur noch Senioren Fernsehen nach Programm? Und sollte das Fernsehen vielleicht auch deshalb an Pietät zurückgewinnen? Was das Verschwinden österlicher Horrorfilme auf unseren Bildschirmen angeht, könnte es ja auch daran liegen, dass die Bilder des realen Terrors geradezu unerträglich zugenommen haben, wenngleich wir nicht die Körperteile durch die Luft fliegen sehen, wenn wieder einmal ein islamistischer Selbstmordattentäter sich und unschuldige Menschen in die Luft sprengt. Die meisten von uns schauen sich auch nicht die Folter- und Hinrichtungsvideos von IS und Konsorten im Netz an. Aber in unseren Köpfen und in unserer Vorstellung kommen diese Vorgänge schon an, und das muss wohl auch so sein. Vielleicht bequemen wir uns dann ja nächstes Jahr zu Ostern einmal wieder vom Sofa auf, um für die eine andere Art von Frieden und Freiheit auf die Straße zu gehen. Aus Restsympathie für das Christentum hoffe ich nur, dass derweil niemals ein christlicher Fundamentalist auf die Idee kommt, auch noch für seinen Glauben sterben und töten zu müssen.

 

Bert te Wildt©