Früher war alles schlechter. Wenn ich mit Barbies spielen wollte, musste ich das heimlich bei einer Freundin tun. Pistole und Schießgewehr waren für uns Jungs zuhause allerdings auch nicht gern gesehen. Die Frage nach dem Sinn oder Unsinn geschlechtsneutraler Erziehung von Mädchen und Jungen war noch nicht so virulent. Damals durften die Jungs samstags noch zuhause vor der Tür mit dem Papa Autowaschen. Der Höhepunkt des Wochenendes ist heute eher das gemeinsame Computerspielen von Vater und Sohn. Allerdings gibt es da ein Problem. Die entscheidenden Spiele, die Vati mit dem Sohnemann am liebsten spielen würde, sind erst ab 16 oder 18 Jahren freigegeben, was viele nicht daran hindert es doch zu tun. Der Spielwarenhersteller Mattel schafft hier mit seiner Serie Mega Bloks eine gewisse Abhilfe.

Für den Shooter Call of duty, welcher wegen seiner expliziten Gewalt erst ab 18 Jahren erhältlich ist, gibt es nun in Lego-lookalike-Baukästen für Panzer und andere Kampfvehikel in einer Lizenzversion ab 12 Jahren. So können die lieben Kleinen sich die Zeit mit dem analogen Zusammenbau von Kriegsspielzeug vorbereiten, bis sie 18 sind beziehungsweise bis sie Papi endlich weich geklopft haben. Studien haben gezeigt, dass sich kaum jemand an die Vorgaben der USK hält. Auch Zwölfjährige kommen in der Regel längst an Spiele ab 16 oder 18 heran. Viele Väter scheinen das mittlerweile nicht mehr als einen Kavaliersdelikt zu empfinden, eher als einen jugendlichen Jungenstreich, der mehr oder weniger heimlich belächelt wird. Und dass Spiel wie diese längst auch ein Suchtpotential haben, ist offensichtlich auch noch kaum bekannt. Call of Duty ist allerdings kein Einzelfall.

Auch Minecraft kann abhängig machen. Das ist quasi die virtuelle Version von Lego. Was als ein ziemlich sympathisches Spiel mit virtuellen Bauklötzen begann, hat allerdings auch längst seine Unschuld verloren. Das digitale Minecraft-Universum ist längst auch von Zombies bevölkert und kann im First-Person-Shooter-Modus gespielt werden. Kinder können ihren Eltern das Spiel stundenlang so vorspielen, dass es einen schönen und harmlosen Eindruck macht. Aber wenn Sie das Kinderzimmer verlassen, geht es im Zweifelsfall los mit dem Geballer. Absurderweise gibt es Minecraft jetzt umgekehrt auch in einer analogen Lego-Version.

Wenn man sich dann noch die anderen Lego-Produktlinien oder die von Star Wars anschaut, wird deutlich, dass diese Firma längst die virtuelle Welt von Filmen, Serien und Spielen zum entscheidenden Bezugsrahmen gemacht hat. Meistens geht es dabei um Kriege und Kämpfe. Die Produktlinien, in denen mit Legosteinen die konkrete Realität, sei es die Natur oder die Kultur nachbaut, werden immer kleiner. Wie schön, dass es noch eine Lego-Eisenbahn gibt, was für mich einmal das höchste der Gefühle war. Fragt sich nur, wie lange noch. Dass die virtuelle Welt längst zum Referenzbereich Nummer Eins für analoges Spielzeug geworden ist, stimmt mich einigermaßen bedenklich.

Entdeckt habe ich die Bauklotzversion von Call of Duty übrigens in einem Buchgeschäft. In der hiesigen Großbuchhandlung wird ständig umgeräumt, dies zunehmend zugunsten von Waren, die überhaupt nichts mit Büchern zu tun haben. Da gibt es auf der einen Seite vor allem diese Produkte, die die Jungen auf ihr Dasein als virtuelle Kriegshelden vorbereiten. Davon strikt getrennt finden sich auf der anderen Seite die rosaroten Paradiese, die Mädchen auf ein Leben als Prinzessinen einstimmen. Zumindest in Buchhandlungen dieser Art macht es den Eindruck, dass die Bücher für Kinder und Jugendliche dabei immer weniger Raum einnehmen. Dort wo noch Bücher angeboten werden, findet man jedoch keine so anachronistische Geschlechtertrennung. Vielleicht transportieren Bücher ja doch noch eher einen Geist, der ein Gegenmittel gegen primitive Stereotype in sich birgt. – Ich korrigiere mcih, früher war doch nicht alles schlechter. Muss wohl froh sein, dass es überhaupt noch Bauklötze gibt.

© Bert te Wildt