digital divide: Eingeborene / Immigranten

Digital Natives und Digital Immigrants gegeneinander auszuspielen, geht gar nicht. Allein die Begriffe machen in diesem Zusammenhang schon wenig Sinn. Normalerweise bezeichnen wir Eingeborene nicht als fortschrittliche Avantgarde, sondern als ursprünglich, naturbezogen und im Zweifelsfalle rückständig. Und Immigranten sind im besten Falle Menschen, die sich – wenn man sie lässt – in die Lage versetzen, in zwei unterschiedlichen geographischen und kulturellen Lebensräumen zurechtzufinden. Wenn Migration gelingt, dann macht dies Menschen mental stärker, weil sich ihr Horizont weitet, weil sie sich in verschiedenen Sphären bewegen können, weil sie in der Lage sind, zwei Sprachen und Kulturen in sich zu vereinen. Diese individuelle Integrationsleistung kann aber nur gelingen, wenn Migration auf ein wohlwollendes Kollektiv stößt.  digital divide: Eingeborene / Immigranten weiterlesen

Soziale Netzwerk Familie

Es mag ja sein, dass es für Teenager ganz wunderbar ist, ihr Problem mit Nähe und Distanz zu pflegen, dramatisieren und im besten Falle auch zu lösen, indem sie so viele Medien wie möglich zwischen sich und den Rest der Welt schalten. Soziale Netzwerke bieten sich dafür ganz wunderbar an, auf die Distanz eine Nähe zu suggerieren, nach der sich alle sehnen, die sich aber vielleicht immer weniger herstellen lässt. Das Problem könnte darin liegen, dass die Nähe-Distanz-Fehlregulation zu einem allgegenwärtigen Phänomen geworden ist, nicht nur unter Heranwachsenden sondern auch unter Erwachsenen. Dass die Erwachsenen immer infantiler werden und immer mehr aus der Erwachsenenwelt in die bis vor kurzem noch als so hoch und heilig beschützte Kinderwelt diffundiert, darf bereits als Allgemeinplatz betrachtet werden. Wenn Eltern aber unbedingt ihre Kinder zu Freunden bei Facebook machen und haben wollen, dann dürfte hier auch etwas krampfhaft nach der Jugend Schielendes im Busch sein. Welcher Teenager mit einem Rest von Selbstachtung will schon seine Eltern zum Freund haben und das auch noch öffentlich? Psychotherapeutisch besehen ist das in jedem Fall eine Katastrophe.  Soziale Netzwerk Familie weiterlesen

Die Diktatur der zum freien Willen erklärten Bedürfnisse

Zurzeit beherrschen drei Ereignisse die Diskussion um die moralischen Grenzen dessen, was der medialen Öffentlichkeit zugemutet bzw. erlaubt werden kann: die spektakuläre Darstellung von Leichenpräparaten, die Zurschaustellung demütigender Mutproben im Fernsehen und der durch das Internet vermittelte Fall von Kannibalismus in beiderlei Einvernehmen. Die drei Phänomene bergen Gemeinsamkeiten, die Fragen nach der Bewertung des freien Willens von Einzelnen und nach der Notwendigkeit der Selbstzensur von Kollektiven aufwerfen. Gunter von Hagen stellt haltbar gemachte Leichen aus, so genannte Plastinate, deren anatomische Strukturen auf künstlich-spielerische Weise freigelegt sind. Die Präparierung erfolgt nicht in erster Linie gemäß üblicher anatomischer Verfahren, sondern vielmehr im Hinblick auf eine anthropomorphe Ästhetisierung. Die Diktatur der zum freien Willen erklärten Bedürfnisse weiterlesen