Hunger Säen

Mexikanische Bauern, die sich weigerten, gentechnisch verändertes Saatgut zu verwenden, werden immer häufiger von der Agrarindustrie verklagt, weil die von ihnen produzierten Sorten doch ihre Äcker durchsetzen. Vielleicht ist es der Wind. Es wird aber auch davon ausgegangen, dass die Industrie die Samen absichtlich über die Felder streuen, um die Bauern mit Klagen zum Einlenken und in die Abhängigkeit zu zwingen. So oder so, sie sollen für die ungewollte Verwendung des genmanipulierten Saatgutes zahlen.

Indien wehrt sich gerade erfolgreich dagegen, dass der Großteil des indischen Netzes zum Hoheitsgebiet von Facebook wird. Mit dem Gestus der Entwicklungshilfe versucht Zuckerberg das Netz in entlegene und wenig entwickelte Gebiete zu bringen. Dafür sollen alle ausschließlich und nur noch über das Soziale Netzwerk ins Netz gehen. Ähnlich wie Google versucht Facebook mit solchen Manövern zu dem Netz schlechthin zu werden. Die beiden Konzerne befinden sich im Wettlauf um die bisher noch nicht vernetzte zweite Hälfte der Menschheit in der sogenannten zweiten und dritten Welt. Dabei arbeitet Google mit unbemannten Fesselballons und Facebook mit Drohnen, die von Solarenergie betrieben werden, ununterbrochen in der Luft bleiben und ein allumfassendes Netz aufspannen sollen. Längst haben sie Afrika im Visier. Wenn damit ganze Länder in eine ökonomische Abhängigkeit gezwungen werden, dann ist das nicht weniger als eine neue Form des Kolonialismus. Hunger Säen weiterlesen

Kein Unterbewusstsein

Das Unterbewusste existiert nicht, verdammt noch mal! Aber das moniert ja nicht einmal die Korrekturfunktion von Word. Es gibt das Bewusste und das Unbewusste. Wenn es ein Unterbewusstein gäbe, müsste es auch ein Oberbewusstsein geben. Wenn überhaupt, dann würde man ersteres wohl bei den Tieren und letzteres bei den Göttern finden. Aber das sind beides Glaubensfragen. Als tiefenpsychologisch ausgebildeter Psychotherapeut ist es mir ein Graus, dass offensichtlich immer weniger Menschen überhaupt etwas mit der Existenz des Unbewussten anfangen können. Kein Unterbewusstsein weiterlesen

Virale Gamifizierung

„Der Gegensatz zu Spiel ist nicht Ernst, sondern — Wirklichkeit.“ so Sigmund Freud 1907, was nicht notwendigerweise bedeuten muss, dass die Realität der Feind des Spiels ist. Die virtuelle Realität ist ja auch eine Realität, die nicht selten ziemlich verspielt daherkommt. Wenn ich mich mal wieder über das Suchtpotential von Computerspielen aufrege oder der ein oder anderen hyperrealistischen Kriegssimulation abspreche, überhaupt ein Spiel zu sein, muss ich den Spielverderber spielen. Gehört nun einmal zu meinem Job. Virale Gamifizierung weiterlesen

Hass Reden

Ich habe mich schon dabei erwischt, wie ich mir einen Shitstorm herbeigewünscht habe. Ist mir noch nie passiert. Aber seit ich publizistisch unterwegs bin, denke ich manchmal an die Binsenweisheit, dass es nur eine Art von schlechter Presse gibt, nämlich gar keine. Das mag ja für die sozialen Netzwerke genauso gelten. Seit ich mich etwas näher mit dem Phänomen Hatespeech insbesondere im Hinblick auf Medienschaffende beschäftigt habe, denke ich jedoch anders darüber. Hass Reden weiterlesen

Geschichtsversessenheit

Geschichte ist nicht meine Stärke. Aber von Geschichten lasse ich mich im Alltag gerne begleiten, am liebsten indem ich mehrere Bücher parallel lese. Manche bleiben dabei auf der Strecke. Die beiden Bücher, die ich gerade zu Ende gelesen habe, teilen sich die Gemeinsamkeit, in Zeitsprüngen zu erzählen. Das ist nichts Neues. Kaum ein Roman dekliniert heute noch eine Geschichte chronologisch durch. Zum nachhaltigen Erbe der Postmoderne mag es dazugehören, kohärente Geschichten zu vermeiden, ebenso wie man sich darauf verständigt hat, dass es weder Identität noch Realität gibt. Irgendwie komme ich aber nicht ohne die beiden Begriffe aus, dies gerade weil ich mich mit den Wechselwirkungen von Medien und Psyche beschäftige. Mit der Narration geht es mir ähnlich. Ich gebe zu, ich mag die amerikanischen Erzählungen einfach lieber als die Dekonstruktionen, von denen mir die zeitgenössische deutschsprachige Literatur durchdrungen zu sein scheint. Geschichtsversessenheit weiterlesen

Serienopfer

Rita ist tot! – Wir konnten es nicht fassen, als am Ende der vierten Staffel von „Dexter“ die Frau des Protagonisten einem Serientäter zum Opfer fiel. Wie gelähmt blieben wir eine ganze Zeit lang vor dem Bildschirm sitzen. Wir fragten einander, ob Dexter ihren Tod nicht vielleicht doch nur geträumt hatte. Wir schauten sogar bei Wikipedia nach, ob sie denn nun wirklich gestorben ist. Noch einen Tag später waren wir von einer Art Trauer ergriffen, die wir ebenso unangenehm wie bizarr fanden. Kaum zu glauben, wie stark man mit Serienhelden mitfühlen kann. Dexter ist ein Serienmörder, der selbst für die Polizei arbeitet. Ich liebe Serien, bei denen ethische Konflikte von der unmoralischen Seite her aufgegriffen und durchgespielt werden. Wie man auch nach „Weeds“ und „House of Cards“ geradezu süchtig wird, kann ich nur allzu gut nachvollziehen. Serienopfer weiterlesen

Kapitulation vor den freunden

Hiermit gestehe ich meine Kapitulation ein. „Du bist ja nicht bei facebook!“ Dass ich diesem Verein nun doch beitrete, hat nichts damit zu tun, dass ich diesen Vorwurf nicht mehr hören kann. Nein, liebe echte Freunde, ich möchte Euren digitalen Lebenszeichen nicht mehr Aufmerksamkeit widmen und Euch weiterhin lieber sprechen und sehen, am liebsten live und in Farbe. Kapitulation vor den freunden weiterlesen